Von der Entscheidung für die Liebe in unserem Leben

Meine beiden Riesenschnauzer Zorro und Dashra sind für Riesenschnauzer-Verhältnisse recht alt geworden. Zorro war 13 und Dashra 12, als sie unsere Welt verlassen haben. Beide hatten ein großes Tumorgeschehen im Körper. Im Sommer 2013 ging es meinem Großen immer schlechter. Ich hatte damals furchtbare Angst, dass ich nicht den richtigen Zeitpunkt erkennen würde, wann es Zeit wäre, ihn gehen zu lassen.

Immer an dieser Stelle danke ich von Herzen meinem lieben Tierarzt. Er hat mir eindringlich und glaubhaft versichert, dass ich den Zeitpunkt spüren würde. Weil es der beste Tierarzt der Welt ist und weil ich meinen Gefühlen vertrauen kann, haben mir seine Worte geholfen. Es ist genauso eingetreten.

Wir haben Zorro am Ende seines Lebens 2 Monate lang jede Minute begleitet. Wir haben ihn die letzten 3 Wochen zum Lösen nach draußen getragen und uns ganz auf ihn eingestellt. An dem Morgen, als er geknurrt hat, als wir ihn hochheben wollten, habe ich den Besten aller Tierärzte angerufen. Zorri ist mit uns an seiner Seite auf seinem Lieblingsplatz in der Küche gestorben. Es war richtig so, und es war gut so.

Bei Dashra war es ganz ähnlich. Sie hatte am Ende dieses Tumorfieber bekommen. Wir haben sie an diesem Abend mit in unser Bett genommen und die ganze Nacht mit ihr gekuschelt. Weil sie den Kofferraum meines Autos so geliebt hat, sind wir mit ihr zum Doc gefahren. Er hat sich mit uns zusammen in den Kofferraum gesetzt. Auch das war für mein Gefühl die richtige Entscheidung.

In meiner Zeit als Physiotherapeutin für Tiere habe ich eine Weile in der physiotherapeutischen Abteilung einer Tierklinik gearbeitet. Es gab viele Fälle, in denen die Physiotherapie den Tieren geholfen hat. Die meisten meiner süßen Patienten waren schnell wieder auf den Beinen.

Zusammen mit den Tieren habe ich auch ihre Menschen kennengelernt. Ein besonderes Paar, das ich heute noch in lebhafter Erinnerung habe, waren Jasmin und ihr Hund Santo. Jasmin ist eine sympathische Frau mit einem warmen Humor. Santo war ihr Baby. Er war 10, ein großer, hübscher Schäferhund-Doggen-Mix.

Die beiden kamen in die Klinik, weil Santo seine Hinterbeine nicht bewegen und auch Blase und Darm nicht mehr kontrollieren konnte. Die Diagnose war ein massiver Bandscheibenvorfall mit kompletter Lähmung der unteren Körperhälfte. Er wurde stationär aufgenommen, operiert und hinterher engmaschig physiotherapeutisch behandelt. Nach 6 Wochen ohne jeglichen Fortschritt und Erfolg war klar, dass Santo nicht mehr gesund werden würde.

Jasmin war berufstätig, deshalb blieb der Hund in der Regel bis zu 6 Stunden am Tag allein in ihrer Wohnung im 2. Stock. Er musste aufgrund der Lähmung die Treppe hinauf und hinunter getragen werden, konnte seine Geschäfte nicht kontrollieren, und alle beide waren unglücklich mit dieser Situation. Jasmin konnte das Management für ihren Hund einfach nicht leisten.

Wir empfanden es alle als Grenzsituation. Die Tierärzte der Klinik rieten einstimmig zur Euthanasie, die Tierarzthelferinnen waren in 2 Lager gespalten, die Physioabteilung enthielt sich. Ich kann mich erinnern, dass ich damals nicht bewerten wollte. Es war nicht mein Hund, ich hatte nie in Jasmins Schuhen gesteckt. Sie wollte ihren Santo nicht gehen lassen, sie hat so sehr um sein Leben gekämpft. Sie konnte sich nicht entschließen, ihren Hund mit seinem wachen Geist, seinen lebhaften Augen und seiner mobilen vorderen Körperhälfte einschläfern zu lassen. Gleichzeitig war es ihr aber auch nicht möglich, so für ihn sorgen, dass er ein annähernd hundegerechtes Leben führen konnte.

Wir haben in der Zeit oft und lange miteinander gesprochen. Viele Tränen sind geflossen. Am Ende ist Santo eingeschläfert worden. Aber Jasmin hat sich diese Entscheidung lange Zeit nicht verziehen. Sie trauert noch heute um ihren Hund, mit dem sie noch viele Jahre verbringen wollte. Sie sagt, dass sich die Trauer wie ein Ring um ihr Herz gelegt hat, der schmerzhaft drückt, nicht locker lassen will und sie nicht atmen lässt.

Vielleicht sind Erlebnisse wie diese auch in meine Entscheidung, Tierbestatterin und Trauerbegleiterin zu werden, mit eingeflossen. Gestern, als ich die Asche von der kleinen Siri in dieser wunderschönen kleinen Herz-Urne zurück in ihr Zuhause gebracht habe, hat mich Siris Besitzerin gefragt, warum es so sehr weh tut, wenn man trauert. Sie hatte mich in unserem Erstgespräch darum gebeten, dass ich sie in der Zeit der Trauer um Siri begleite.

Ich habe auf ihre Frage geantwortet, dass wir niemals so traurig wären, wenn wir das verlorene Wesen nicht geliebt hätten. Und Liebe bedeutet, dass wir JA sagen zu dem geliebten Menschen oder dem geliebten Tier. Dass wir verantwortlich sind und unsere Verantwortung wahrnehmen, mit allen Konsequenzen. In guten und in schweren Zeiten.

In „Der Kleine Prinz“ von Antoine de Saint-Exupéry sagt der Fuchs zum kleinen Prinzen: „Die Menschen haben diese Wahrheit vergessen. Aber du darfst sie nicht vergessen. Du bist zeitlebens für das verantwortlich, was du dir vertraut gemacht hast.“

Ich wünsche mir sehr, dass wir alle diese Wahrheit niemals vergessen. Lieben heißt JA-Sagen, Verantwortung, Verbundenheit und Freude leben. Lieben heißt Leben.

Wenn wir unsere Verantwortung wahrnehmen, kann es sein, dass wir Entscheidungen treffen müssen. Es kann sein, dass wir im Sinne unseres Hundes, unserer Katze oder unseres Pferdes entscheiden müssen, dass es an der Zeit ist, unseren geliebten Partner gehen zu lassen.

Ich möchte euch gern sagen, dass es nicht nur eine Entscheidung für den Tod ist, es ist auch eine Entscheidung für die Liebe zu unserem Tier und eine Entscheidung für das Leben.

Das Leben hat uns reich beschenkt mit diesem ganz besonderen Wesen, mit der gemeinsam erlebten Zeit. Wir dürfen ruhig dankbar sein für dieses Geschenk. Dankbarkeit darf uns auch erfüllen für die Liebe, die wir erfahren, und für die Schönheit und die Vielfältigkeit des Lebens an sich.

Ich bin mir sicher, mein über alles geliebter Fusi wäre niemals bei mir, wenn ich nicht so sehr um Zorro und Dashra getrauert hätte und ihr Leben von Anfang bis Ende als Geschenk angenommen hätte. Sie haben mich begleitet, sie haben mich gefordert, und sie haben mein Leben reicher gemacht. Vor allem haben sie mich auch vorbereitet – auf diesen süßen wilden schwarzen Fusi-Racker. In jedem Moment leben sie in ihm weiter und beglücken mich damit auch heute noch.

Ich wünsche mir für uns alle, dass wir nach der Zeit der Trauer das Leben wieder so bunt und voll und fröhlich wahrnehmen können, wie es immer schon war. Denn ganz nebenbei ist dieser Augenblick sogar noch etwas mehr. Er beinhaltet– völlig umsonst und ohne Verpflichtung – ja auch noch die Möglichkeit der persönlichen Entwicklung:

Gehen wir gestärkt durch die Liebe und durch die schönen Erinnerungen an wundervolle Momente den ersten Schritt in eine neue Zeit!

Damit können wir unseren geliebten Tieren den Respekt und die Wertschätzung und die Ehre, derer wir uns in unserer gemeinsamen Zeit immer sicher sein durften, von Herzen zurückgeben!

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